Erklärung anlässlich des 30. Jahrestages der Ökumenischen Versammlung in der DDR
April 2019
Einleitung
Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen im Freistaat Sachsen ist eine Plattform für das Miteinander von Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, „die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind“. Mit ihren Mitgliedskirchen ist die ACK Sachsen ein Teil der weltweiten Ökumene und weiß sich verbunden mit den christlichen Kirchen aller Länder und Kontinente. Sie lässt sich leiten von dem Bild der Ökumene, das die Gemeinschaft aller Menschen beschreibt, die auf der einen und einzigen Erde wohnen. So wie wir als Kirchen vor Ort leben und für die Menschen vor Ort da sein wollen, so sind wir auch verbunden mit Christinnen und Christen aller Erdteile, ja mit allen Menschen, für die diese eine Erde Wohnraum ist.
„Die Arbeitsgemeinschaft hat die Aufgabe, den konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung fortzuführen.“ Auf diesem gemeinsamen Lernweg möchten wir aktuelle Impulse geben.
30 Jahre nach den Ökumenischen Versammlungen in Deutschland und Europa wollen wir die selbstkritische Bewertung des Christentums auf ihre bleibende Bedeutung hin befragen. In Basel hieß es im Mai 1989:
„Wir haben versagt, weil wir nicht Zeugnis abgelegt haben von Gottes sorgender Liebe für all und jedes Geschöpf und weil wir keinen Lebensstil entwickelt haben, der unserem Selbstverständnis als Teil von Gottes Schöpfung entspricht.
Wir haben versagt, weil wir nicht entschieden genug die politischen und wirtschaftlichen Systeme in Frage gestellt haben, die die natürlichen Ressourcen der Welt nur zum eigenen Nutzen ausbeuten und Armut und Marginalisierung verewigen.“
Die von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der DDR 1988/89 einberufene Ökumenische Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung formulierte drei vorrangige Optionen – für die Armen, für die Gewaltfreiheit und für den Schutz des Lebens – und beschrieb Umkehr als zentralen Begriff zur Veränderung und als zukunftsweisenden Weg in den Schalom, den umfassenden Frieden Gottes.
Viele der Beteiligten leisteten später einen Beitrag zur friedlichen Revolution in unserem Land. Drei Ziele, die unser christliches Engagement beschreiben, haben Eingang in die Verfassung unseres Freistaates gefunden, in der es heißt: „von dem Willen geleitet, … der Gerechtigkeit, dem Frieden und der Bewahrung der Schöpfung zu dienen, hat sich das Volk im Freistaat Sachsen dank der friedlichen Revolution des Oktober 1989 diese Verfassung gegeben“.
Wir wissen uns von Gott in die Verantwortung gerufen für unsere Nächsten in der Nähe und in der Ferne. Unsere Sorge, unser Engagement und unser Gebet gelten allen Menschen, unabhängig von Herkunft, sozialem Status, Geschlecht und Religion. Mit Sorge nehmen wir wahr, dass die weltweite Gemeinschaft auf der einen bewohnten Erde bedroht und auch der Zusammenhalt in unserem eigenen Land gefährdet ist.
In Anbetracht des Ernstes der Situation in Deutschland und Europa erneuern wir unser Engagement und erheben unsere Stimme für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
Gerechtigkeit
Wir treten ein für Gerechtigkeit in unserem eigenen Land und weltweit:
-
Wir sind ein „Wohlstandsland“. Es ist genug für alle da. Doch die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Damit wollen wir uns nicht abfinden und Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft benennen und mit verändern.
-
Scheinbar einfache Lösungen werden propagiert, oft auf Kosten noch Schwächerer. Populistische Äußerungen beeinflussen das Denken und Handeln einer inzwischen großen Gruppe der Gesellschaft. Wir wollen zu einem offenen Austausch über Fragen der Gerechtigkeit beitragen.
-
Die Globalisierung bedingt, dass sich ungerechte Strukturen der Weltwirtschaft bis in viele Bereiche des täglichen Lebens ausbreiten. Weltweite „Schnäppchenjagd“ behindert fairen Handel. Die Aktion „Sachsen kauft fair“ für einen nachhaltigen Einkauf der öffentlichen Hand sollte nach zehn Jahren ihre Auswirkungen bis in unsere Kirchen und ins persönliche Kaufverhalten zeigen.
Frieden
Wir treten ein für Frieden in unserem eigenen Land und weltweit:
Mit dem Motto „friedensklima“ macht die Ökumenische Friedensdekade 2019 einerseits auf den Zusammenhang von Folgen des Klimawandels und der Gefährdung des Friedens aufmerksam, worunter insbesondere Menschen in Afrika oder Asien betroffen sind. Andererseits lenkt das Motto den Fokus auf die Frage der zunehmenden Individualisierung und Polarisierung unserer Gesellschaften, die in einem Mangel an Mitmenschlichkeit und Empathie zum Ausdruck kommt.
-
Als Christinnen und Christen wollen wir, jeder an seinem Platz, einen konkreten Beitrag zum Gelingen des gesellschaftlichen Miteinanders leisten, indem wir in allen Gesellschaftsschichten Zeugnis ablegen von Gottes sorgender Liebe für alle und jedes Geschöpf und das mit unserem Denken, Reden und Handeln dokumentieren.
-
Wir wollen als Kirchen Initiativen des Friedens unterstützen und all unseren Einfluss nutzen, damit zivile Konfliktbearbeitung gestärkt, Waffenexporte begrenzt und Atomwaffen geächtet werden.
Bewahrung der Schöpfung
Wir treten ein für Bewahrung der Schöpfung in unserem eigenen Land und weltweit:
-
Unter www.fussabdruck.de/fussabdrucktest lässt sich der ökologische Fußabdruck ermitteln. Er zeigt das persönliche Verhaltensmuster des Einzelnen und gibt einen Hinweis darauf, wie viele Erden nötig wären, wenn alle Menschen diesen Fußabdruck hätten. Viele beobachten das mit wachsender Sorge.
-
Aktivitäten wie das Klimapilgern – www.klimapilgern.de – versuchen gesellschaftliche und weltpolitische Reaktionen in Gang zu bringen.
„Mehr Gutes – weniger Güter“ – das ist ein Angebot der Aktion anders wachsen – www.anders-wachsen.de. „Zwar sind wir mit einem hohen Lebensstandard beschert – aber zu welchem Preis? Und wer zahlt den? Kennen wir nicht andere, lebenswichtige Paradigmen? Wie können wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass ein anderes Zusammenleben nötig, aber auch möglich ist? Wie könnte christliche Gemeinde auf Grundlage ihres Glaubens eine Ethik des Genug in Lebenspraxis umsetzen?“
Neben der Unterstützung der vielfältigen Aktionen gilt es als Erstes, Lebensstile zu ändern und durch Gespräch und Vorbild die unbedingte Notwendigkeit von Veränderungen ins Bewusstsein der verschiedenen Gesellschaftsschichten zu bringen.
Abschluss
Wir unterstützen die Initiative Ökumenischer Weg – www.oekumenischerweg.de, bei der es heißt: „Christlicher Glaube und Engagement für Chancengleichheit, Konfliktlösung sowie Nachhaltigkeit gehören zusammen!“ Wir unterstützen das Ökumenische Informationszentrum und seine Initiativen – www.infozentrum-dresden.de.
Als Christinnen und Christen glauben wir, dass sich jeder Einzelne und jede Einzelne vor Gott verantworten muss. So wie Gott am Anfang der Menschheit Kain fragte, „Wo ist dein Bruder Abel?“, so wird er uns durch unsere Enkel fragen, „Was habt ihr getan, und was habt ihr nicht getan?“ Wir vertrauen darauf, dass Gott, der diese Welt und uns ins Leben gerufen und durch Christus Frieden gestiftet hat, uns eine Chance gibt, uns für das Leben und für die Gemeinschaft der Menschen auf dieser einen Erde zu entscheiden.
Das „Wort zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ können Sie hier im PDF-Format ansehen und herunterladen.